aus

Gesammelte Materialien zu Orts- und Flurnamendeutungen
für den Bezirk des südlichen Teiles von Solingen und des
unteren Rheinwupperkreises

von

Alfred Nowottny, *1875, +1945,
von 1905 bis 1933 Lehrer an der
katholischen Volksschule in Leichlingen

Herausgegeben 1985 vom Stadtarchiv Leichlingen


 
 
 
Die Wupper

Lage und Begriff: Fluß in den Gemeinden Solingen, Leichlingen, Opladen, Leverkusen

Merkmale: Starkströmender Bergfluß

Urkundliches Vorkommen: 973 "Wippera"; 1166 "Wippere", Leithäuser B. Ortsn. 172; 1399, 1488 "Wypper", ebd. 172; 1295 "..dicuntur Dune et Wippere.. ", Binterim et Mooren I, 314; 1363 '.. in der Wipperen boeven der Kolferder bruggen..", Mosler, Urkundenbuch der Abt. Altenberg I 648; 1390 ".. up der Wupperen", ebd., 750; 1366 ".. mit buschen, mit visscheri..en in der Wupperen", Lacomblet, Urkundenbuch für den Niederrhein III, 568; 1556 "..langst die Wupper..", Chronik der Bürgermeisterei Leichlingen, Seite 36; zwischen 1600 und 1700 ".. schießet mit einer langen seyten lanß wittib Müllers durch die wuber..", Staatsarchiv Düsseldorf, Akten über die Abtei Deutz.
In den Landeskanzleien zeigt sich bei den meist ortsfremden Schreibern durchweg mehr die oberdeutsch klingende Form Wipper. Die Volksbezeichnung wurde als unschön gemieden, setzt sich aber etwa nach 1500 voll durch. Wipper stirbt im Verkehr aus. Es hält sich anscheinend in den abgelegenen Tälern des Oberlaufes . Der stärkere Volksverkehr im mittleren und unteren Wuppergebiet läßt die Volksform "Wupper" allmählich durchdringen.

Örtliche Kritik zu älteren Deutungen: Nach Behauptung früherer Deutungen zum Wuppernamen E. Schröder Calt. Phil. 1909/10, Leithauser Bergische Ortsnamen, 172 u. a. m. soll der Name Wupper nach seiner Bewegungsart von dem Wort wippen entstanden sein. Diese Lösung befriedigt absolut nicht, denn dieser Bewegungsgang ist gar kein besonderes Charakteristikum bei der Wupper. Alle mittel- und oberdeutschen Gebirgsgewässer zeigen diesen Gang in erhöhtem Maße, trotzdem tritt hier die Bezeichnung Wupper kaum noch auf. Das gibt doch zu denken. Die Behauptung E. Schröders und Genossen stimmt also nicht. Nicht allein heutige, neuere Namen der Flüsse, sondern auch viele der älteren sind Zusammensetzungen aus mehreren Altnamen. Nun, das Wort "Wupper" trägt, wie wir sehen werden, auch zwei oder drei solcher Altnamen, die teils verstümmelt sind, teils verloren gingen. Zunächst ist als Bedeutung des Namens "wogender Bachlauf" oder "wogende Flußahe" in ihm immer noch zu erkennen, obgleich der Wogenschwall gegen früher schon auffallend nachgelassen hat.

Bedeutungsangabe: Wogenfluß

Sprachform: Die erste Silbe von Wupper besteht aus dem ahd. weiblichen Dingwort wag, nae, wak = Woge, das über mhd. weibl. Dingwort wac zu nhd. Wege wurde, s.o. Schade Ahd. Wörterbuch II 1074 a und mit dem Altwort apa = Fluß, Bach, als stützendes Grund- und Dingwort verschmolz und dann nach einer erneuten Erweiterung und Verschmelzung mit dem ahd. Grund- und Dingwort aha = Fluß, verkürzt zu a, bei dem früher angenommenen Grundwort apa die Endung -er ein- und anfügte, so daß aus anfänglichem wacapa - er und a entstand, das in der zweifachen Verschmelzung verschiedene Klangformen in mundartlichem Wechsel annahm. Die Entwicklungsreihe mag so gelautet haben: wac-apa-er-a, wag-op-er-a, wolupler-a, woupera (wuppera) Wippera, wuppere, wippere, zu wupper und wipper, daraus "Wupper" entstand. Das oben gegebene r als Ableitungssilbe zu apa + er ist auch anderweitig als unorganischer bedeutungsloser Bindelaut zwischen apa und a ebenso richtig anzunehmen: woupa'+r+a

Eine Begleitkontroverse zu anderer Deutung des Wuppernamens: Bei Wupper stellt Leithaeuser in Ermangelegung der echten und rechten Beispiele und Erkenntnisse alte Namen, die irgenwie in späterer Zeit mit diesem Namen verknüpft wurden, zusammen, so Wupper mit "wipop", "wipstät", "Wupperfeld", "Wupperwiese", "Schmitz-, Klas-, Holz-, Böswipper", "Wippe", "Wipperbanden" usw. Von diesen Namen sind viele erst später im Anschluß an Wupper, Wipper, Wippe, aufgekommen. Wie kann man denn diese Namen dann auch als Herkunftsbelege für das Grundwort Wupper benutzen wollen? Gewiß, die sprunghafte Bewegung enthalten eine Reihe von Bezeichnungen wippen, wippeln, wepfen, woben u.a. Doch damit ist noch nicht bewiesen, ob der Name Wupper damit in Verbindung steht. Die alte Lohmeyersche These, der Schall- und der Gangartableitung der Flußnamen ist eine Seifenblase, weiter nichts. Die Flußnamen kommen eben nicht, als wissenschaftliche Teil- oder Gangergebnisse zustande, sondern meist als örtlich oft sehr begrenzte Eigennamen und Charakterbilder, die es gilt ausfindig zu machen. Wie selten tritt der Charakter eines Flusses schon so deutlich an der Quelle auf, daß er für den ganzen Lauf gelten kann. Überdies kann man vielfach bei Fluß und Bachnamen in weiter entlegeneren Gegenden feststellen, daß die Bachnamen in ihrem Geltungsbereich beschränkt sind, insofern der Ober- und der Unterlauf oder auch manchmal schon der mittlere Teil des Baches einen anderen Namen trägt. Diese Fälle sind meist zu vereinzelt. Siehe Weltersbach, Muhrbach, Viehbach! Deshalb müßte bei der Erforschung der Namen jeder Laufteil auf ein besonderes Merkmal untersucht werden. Man findet dann immer einer besondere charakteristische Stelle, von der sich der Name öfter noch herleiten läßt. Allerdings wird das schwieriger, je weiter der Tag der Namengebung zurückliegt. Aber der Weg muß versucht werden, weil er die einzige Aussicht manchmal darstellt, hinter die Zusammenhänge zwischen Sachen und Namen zu kommen. Ein großer Teil unserer vorliegenden Untersuchungen sind auf diesem Grunde aufgebaut und vielfach einer einen sachlichen Aufbau gebenden Lösung nahe gekommen. Ich erwähne z. B. Berfert (Berevotskamp), Bungenstraße, Buntenbach, Munkelswiese, Dunklenberg, Hexenplätzchen, Am Fähr, Balken, Bechlenberg, Rothenberg, Rehborn, Schnugsheide, Schraffenberg und viele noch mehr, deren Deutung als geglückt anzusehen sind. Es sind deren wohl mehrere 100. Ja, volle Sicherheit, wo findet man die? Im großen Ganzen doch sehr, sehr selten, da meistens die unmittelbaren und mittelbaren Urkunden nicht mehr bestehen oder überhaupt nicht bestanden. Deshalb müssen die meisten Deutungen immer noch als Wahrscheinlichkeitsbeweise geführt werden.