Gefährliche Mission

Es war ein schöner Nachmittag im Juli, ein herrlicher Sommertag. Die Libellen bellten und die Bienchen buhlten und uns wars nach einem kleinen Ausflug an die Wupper, wo meine kleine Tochter kleine schwere Steine in den Fluss zu werfen liebte.
Da die Luft schwül war und nach der langen Wanderung die Beine erhitzt, beschloss ich, nackten Fußes direkt in den reißenden Strom zu steigen.
So genoss ich, mit den Füßen über den steinigen Grund tastend, das kühle Nass, als ich unvermutet dieses harte kalte Rund an meinem Bein verspürte. Neugierig geworden, tauchte meine Hand in die Fluten, um den eigentümlichen Fremdkörper näher zu untersuchen. Dann hob ich dieses schwere runde Teil ein wenig aus dem steinigen Grund und wich erschrocken zurück. Ein Frösteln lief mir durch den Körper und mit gehörigem Respekt tastete ich mich vorsichtig zum Uferrand zurück, um meine Frau und Tochter warnen und beschützen zu können. Eine Detonation zu diesem Augenblick hätte zwangsläufig einschneidende Änderungen im familiären Zusammenleben nach sich gezogen.
Umgehend verließen wir den Gefahrenbereich und zogen uns in die schützende Hofschaft zurück.

Nach 2 Tagen hatte sich mein Körper soweit beruhigt und ich fasste den Gedanken, noch einmal den risikovollen Weg auf mich zu nehmen, nicht ohne vorher um Beihilfe der örtlichen Schutz- und Hilfstruppen gebeten zu haben.

Am späten Nachmittag war es denn so weit, 4 Einsatzwagen rollten auf den in sicherer Entfernung gelegenen Parkplatz am Wipperkotten. Eine Panik unter den aufgeregten Passanten und Anwohnern konnte durch gütliches Zureden noch abgewendet werden, dann ging es zum Einsatzort.

Unsere Truppe war 10 Mann stark: 2 Einsatzleiter, etliche Helfer, ein verwegener Kottenbewohner und ich.

Am Ufer angekommen, wurde der Fremdkörper vom Einsatzleiter mit Einsatz eines gerade für solche Einsätze besonders geeigneten Leuchtstabes eingiebig beleuchtet. Da wir mit äußerster Vorsicht vorgehen mußten, dauerte dies eine Weile und dann, nach kurzer Besprechung mit dem 2. Einsatzleiter über das weitere Vorgehen, wurde beschlossen, ein geeignetes Stück Holz zu suchen, um den merkwürdigen Fund damit ein wenig kitzeln zu können. Die sechs wagemutigsten Helfer schwärmten also in den Wald, prüften das umherliegende Gehölz, allein, das richtige Stück konnten sie nicht finden. An dieser Stelle muß ich den überblick des 2. Einsatzleiters loben, der den gesuchten Ast direkt über sich im Baum entdeckte und sich ihn mit gekonntem kraftvollen Griff zu eigen machte.

Es war nun an Einsatzleiter eins, sich mittels des Stockes Spitze an den runden Körper heranzutasten.
Alles ging gut, ein kurzes Erschauern unserer Körper bei der ersten Berührung, dann beruhigten wir uns wieder. Leider brachte auch ausgiebigeres Kitzeln keine neueren Erkenntnisse über den metallenen Gegenstand.
Was also tun. Ich glaube, es war zum ersten Mal so etwas wie Resignation unter uns zu spüren. Weder die Beleuchtung, noch das Kitzeln hatte uns wirklich geholfen und an einen weitergehenden Einsatz, bei dem man sich mittels Spezialkleidung dem Objekt weiter hätte nähern können, verbot sich gerade aus dem Fehlen geeigneter Stiefel oder wasserundurchlässiger Beinkleider.

Jetzt also war guter Rat teuer. Die Einsatzmittel erschöpft, blieb uns nichts, als unsere eigenen Körper im Kampf gegen die Gefahr einzusetzen. Unser mutiger Kottenbewohner, übrigens ein Kenner der Gegend und des Flusses mit all seinen Wehren und Stromschnellen, konnte dazu bewogen werden, Stoffe und Tücher aus seinem Heim herbei zu bringen, um schlimmeres Unheil nach der beabsichtigten Begehung des Flussbettes abzuwehren.

Aber wer sollte es wagen, sich alleine dem ungeheuren Objekt in den tosenden Fluten zu nähern? Für eine erprobte und disziplinierte Truppe keine Frage: schnell war der Jüngste unter ihnen auserkohren.

Dieser ging nun unerschrocken zur Sache, entledigte sich der für diesen Spezialeinsatz wenig geeigneten Uniform und begab sich in sein Schicksal. Die Spannung stieg. Zentimeter um Zentimeter näherte er sich dem Objekt. Uns stockte der Atem. Die Zeit schien stehen zu bleiben, als er seine Hand auf die harte Hülle legte. Sekunden verstrichen wie Stunden. Nichts geschah. Dann eine kleine Bewegung nach links, wieder rechts und ganz, ganz langsam fing er an, den Gegenstand zu streicheln, behutsam, ja geradezu liebevoll. Es war etwas geschehen. Etwas geschehen, was keiner von uns vorher auch nur erahnt hätte. Es war, als ob er, der nun noch leidenschaftlicher die Rundungen und Kanten des Ellypsoids berührte, in eine eigenartige Beziehung zu dem eisernen Objekt verfallen sei. Wir standen geschlossen hinter ihm und waren fasziniert von der plötzlich aufkommenden Erregung, die von der Szene ausging. 

Vielleicht hätte ein anderer von uns anders reagiert, vielleicht wäre auch ein jeder in den gleichen Bann verfallen, wir wissen es nicht.

Wiederum war es die Geistesgegenwart des 1. Einsatzleiters, der die Gefährlichkeit der Situation aufgrund seiner langen Erfahrung richtig einschätzte und den jungen Kollegen, der nun mit beiden Händen das Ding an sich zu ziehen versuchte, zur Räson rief. Der Bursche, immer noch tief aufgewühlt, zog sich schmollend ans Ufer zurück, faselte noch etwas von den Löchern, die er gerade entdeckt hatte und wurde von den Kollegen mittels der Tücher und Decken eingehend behandelt und betreut.

Alles hatten wir nun versucht und die folgende Besprechung der Oberen ließ keinen Zweifel aufkommen, wir waren gescheitert. Es war spät geworden, düster zogen die Regenwolken von Westen herauf und ein Wort machte, erst leise, dann lauter und entschlossener die Runde: 

KAMPFMITTELRÄUMUNGSDIENST!



 
 

(Am nächsten Tag zog dieser den Elektromotor mittels einer Mistgabel aus dem Fluss)

 
 

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Der Presseartikel zum Geschehen liest sich relativ harmlos, da der Reporter erst am nächsten Morgen der völlig ungefährlichen Bergung des Elektromotors beiwohnte.